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Mobile Manipulatoren – Flexibilität durch Dynamik

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Mobile Roboter sind aus vielen Fabriken nicht mehr wegzudenken: Sie befördern Rohstoffe, transportieren Materialien zwischen einzelnen Fertigungsschritten und bringen fertige Produkte ins Lager oder direkt zum Versand. Als vielseitige Plattformen bewegen sie Werkzeuge, Bauteile oder ganze Baugruppen auf ihren Ladeflächen. Auch Roboterarme können auf ihnen befestigt werden. Doch welche Vorteile ergeben sich daraus – und welche Herausforderungen bringt ihre Integration mit sich?

 

Was sind mobile Manipulatoren?

Mobile Manipulatoren sind bewegliche Plattformen, auf denen Robotersysteme montiert werden. Dabei handelt es sich in der Regel um autonome mobile Roboter (AMR) oder fahrerlose Transportsysteme (FTS), die sicher und eigenständig navigieren, indem sie hochmoderne Leitsysteme, Sensoren und Kamerasysteme nutzen. Die Manipulatoren sind zumeist Leichtbauroboter, die über eine moderate Traglast, Reichweite und Präzision verfügen. Auch ihre geringe Bodenfläche ist entscheidend, da eine zu große Grundfläche die Ladefläche der mobilen Plattformen gänzlich verdecken würde.

Einschränkungen von FTS/AMR und Roboterarmen

Bevor wir uns näher mit den mobilen Manipulatoren beschäftigen, ist es hilfreich, die beiden Komponenten zunächst separat zu betrachten. Wie werden FTS/AMR und Roboterarme in der realen Welt angewendet?

In der Praxis agieren Roboterarme zumeist stationär: Sie sind fest montiert und befinden sich direkt neben ihrem Arbeitsbereich. Von dort können sie ihre Arbeit präzise verrichten und für verschiedene Anwendungsfälle genutzt werden. Als Teil einer Zelle sind sie wenig flexibel: Sie können nur an einem Ort eingesetzt werden und den Arbeitsbereich aus nur einer Richtung bedienen. Um sie anderweitig einzusetzen, müssen sie abgebaut, transportiert und neu programmiert werden. 

Die fahrerlosen Transportsysteme sind mobil und zumeist nicht auf Schienen oder vordefinierte Routen angewiesen. Stattdessen navigieren sie eigenständig, suchen selbst Ladestationen auf und umgehen Hindernisse autonom. Sie sind eine Art moderner Hubwagen, der seine Aufgaben ohne menschliches Eingreifen bewältigt. Obwohl sie in ihrer räumlichen Beweglichkeit flexibel sind, gibt es zwei wesentliche Einschränkungen in ihrer Nutzung: Sie sind auf eine externe Beladung angewiesen und können jeweils nur eine Aufgabe gleichzeitig ausführen. Dabei geht es zumeist darum, Materialien von A nach B zu transportieren.

Welche Vorteile bringen mobile Manipulatoren?  

Mobile Manipulatoren setzen genau da an, wo die einzelnen Komponenten an ihre Grenzen kommen. Sie verleihen Roboterarmen Mobilität und sorgen dafür, dass fahrerlose Transportsysteme sich selbst beladen können. Dadurch erweitern sie das Einsatzspektrum und ermöglichen Funktionen, die über den reinen Transport von Materialien und Waren hinausgehen.

Welche konkreten Vorteile ergeben sich daraus?

 

1. Schnelle Produktionsanpassung

Eine Veränderung der Nachfrage erfordert oft auch eine Anpassung des Produkts, andernfalls könnten Kunden zu anderen Anbietern wechseln. In vielen Produktionsumgebungen erfordert das tiefgreifende Umstellungen, bei denen ganze Fertigungslinien aufwendig angepasst oder neu konzipiert werden müssen. Das betrifft insbesondere klassische Fördersysteme wie Rollbahnen oder Förderbänder. Da mobile Manipulatoren auch in unstrukturierten Umgebungen überzeugen, können sie problemlos umpositioniert und für neue Aufgaben eingesetzt werden. Dadurch gewinnt die Produktion maßgeblich an Flexibilität. 

 

2. Vielseitige Nutzung 

Weil nicht jedes Unternehmen ganze Roboterstraßen realisieren kann, ist es umso wichtiger, die optimale Nutzung jedes einzelnen Systems zu gewährleisten. Das ist gerade für kleinere Betriebe entscheidend. Ein stationärer Roboter, der fest montiert ist, kann an anderer Stelle nicht genutzt werden – das ist insbesondere dann problematisch, wenn der Roboter nicht rund um die Uhr eingesetzt wird. Diese Leerlaufzeiten wirken sich negativ auf die Effizienz aus. Dank mobiler Manipulatoren kann derselbe Roboter, der zuvor noch kommissionierte, nun andere Aufgaben wie z.B. die Qualitätsprüfung übernehmen. Dadurch werden die Kapazitäten optimal ausgeschöpft. 

 

3. Gesteigerte Autonomie 

Fahrerlose Transportsysteme und autonome mobile Roboter sind darauf angewiesen, von Dritten bestückt zu werden. So steuern sie z.B. ein Regal an, positionieren sich neben dem Mitarbeiter und werden beladen. Dafür entnimmt der Mitarbeiter die entsprechenden Teile aus den Kisten und platziert sie auf der Ladefläche. Je nach Gewicht der Teile und der Häufigkeit der Handgriffe kann diese Aufgabe körperlich herausfordernd sein. Dazu kommt, dass der Mitarbeiter zeitgleich nicht für andere Aufgaben zur Verfügung steht. Da der mobile Manipulator die Kommissionierung übernimmt und sich selbst beladen kann, kann sich der Mitarbeiter währenddessen auf wertigere und angenehmere Tätigkeiten konzentrieren. Diese Entlastung, die sich auch auf andere Anwendungsbereiche übertragen lässt, steigert die Produktivität des Gesamtprozesses. 

 

4. Integration in bestehende Anlagen 

Es gibt keine einheitliche Produktionsumgebung. Faktoren wie Lage, Platzverhältnisse, Branche, oder Art des Produkts führen zu erheblichen Unterschieden. Gerade ältere Werkshallen, die primär auf den Menschen ausgelegt sind, bieten oft nicht die Rahmenbedingungen für großflächige Produktionsanlagen. 

Mobile Manipulatoren eignen sich hervorragende für diese Brownfield-Anlagen, da sie nahtlose in bestehenden Produktionsumgebungen integriert werden können. Sie passen sich den Gegebenheiten an – nicht umgekehrt. 

Kundenspezifische Lösungen 

Die effektive Zusammenarbeit zwischen Roboter und fahrerlosem Transportsystem hat einen Haken: Wird der Roboter fest auf dem FTS montiert, ist dieser nur in Kombination mit dem mobilen Fahrsystem nutzbar – und umgekehrt. Durch den Roboter wird die Ladefläche des FTS dauerhaft belegt. Die Ladekapazität des mobilen Systems ist daher eingeschränkt. Gemeinsam mit unserem Partner BÄR Automation haben wir eine Lösung erarbeitet, die dieses Dilemma löst. 

Die Lösung? Entkopplung. Statt den Roboterarm Yu 5 Industrial direkt auf dem FTS zu befestigen, wird dieser auf einer mobilen Versorgungsstation, die eine Ladevorrichtung und eine drahtlose Kommunikationsschnittstelle enthält, montiert.  Diese befähigt ihn, batteriebetrieben und autonom zu agieren, sofern keine Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Nach der Aufnahme durch den FTS wird der Roboter direkt von diesem aufgeladen. 

Das ConTrax® Robotic System hebt den Yu 5 Industrial, der auf einer mobilen Versorgungsstation montiert ist, an und transportiert ihn zu einer anderen Station. Nachdem der Roboter seine Position eingenommen hat, beginnt dieser mit seiner Aufgabe und gibt das FTS für den weiteren Transport frei.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Während der Roboterarm an einer Station arbeitet, kann das FTS zum Materialtransport genutzt werden. Wird der Roboter anderweitig gebraucht, pausiert das FTS seine Transportaufgabe, hebt den Roboter an und bringt ihn an den gewünschten Ort. Natürlich kann die Kombination auch als mobiler Manipulator genutzt werden. 

Diese unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten machen die maßgeschneiderte Lösung, die ConTrax® Robotic System heißt, aus. Sie überlässt es dem Kunden, wie er die einzelnen Komponenten am liebsten einsetzen möchte: Ob separat oder in Kombination, beide Optionen haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. 

Dank unserer maßgeschneiderten Lösung, dem ConTrax® Robotic System, gelingt es uns, das maximale Potenzial aus beiden Komponenten des mobilen Manipulators herauszuholen. Der Anwender kann FTS und Roboterarm sowohl modular, als auch symbiotisch einsetzen. Das ist ein großer Vorteil gegenüber festgekoppelten Systemen, wie sie sonst auf dem Markt üblich sind.
Stefan Valencia, Application Engineer bei Agile Robots

Geballte Expertise 

Das ConTrax® Robotic System ist ein gutes Beispiel für unsere firmenübergreifende Zusammenarbeit und unseren holistischen Automatisierungsansatz: Agile Robots entwickelt nicht nur hochmoderne, KI-gestützte Roboter, sondern automatisiert gesamte Fertigungslinien – mit allen dazugehörigen Komponenten und Produktionsschritten. 

Gemeinsam mit unseren Partnern decken wir so das gesamte Spektrum der Robotik ab: von hochmodernen, intelligenten Roboterarmen über FTS und autonome mobile Roboter bis hin zu KI-gestützter Software.

 

Effizienz dank Vielseitigkeit

Mobile Manipulatoren maximieren den Nutzen von Automatisierungslösungen, indem sie die Kompetenzen fahrerloser Transportsysteme erweitern und stationäre Roboterarme in Bewegung versetzen. Das Ergebnis ist eine optimale Kapazitätsauslastung und gesteigerte Produktivität.

Davon profitieren neben Großkonzernen auch mittelständische Unternehmen, die keine großen Flotten oder Roboterstraßen aufbauen können. Dank der Mobilisierung lassen sich Roboterarme flexibel an unterschiedlichen Standorten einsetzen, anstatt auf eine feste Station beschränkt zu sein.

Da sich Roboter und FTS/AMR in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, haben auch mobile Manipulationen ihre Einschränkungen. Hier gilt, was generell für die Automatisierung zutrifft: Jeder Automatisierungsfall ist anders und bedarf einer sorgfältigen Abstimmung mit dem Kunden. Aus diesem Grund sind maßgeschneiderte Lösungen wie das ConTrax® Robotic System unerlässlich und gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Erfahre mehr über unsere Automatisierungslösungen oder fordere ein Angebot von unseren Experten an.